Kausalitätsillusion - Fehlurteile vermeiden

Kernthese: Menschen neigen dazu, aus gegebenen Informationen kausale Zusammenhänge zu konstruieren, selbst wenn diese gar nicht existieren, was zu Fehleinschätzungen führen kann.
Der Nobelpreisträger Daniel Kahneman hat in seinem Weltbestseller "Schnelles Denken, langsames Denken" verschiedene Effekte erörtert, die unsere Urteils- und Entscheidungsfähigkeit negativ beeinflussen können.
Dazu gehört die sog. Kausalitätsillusion.
Selbstreflektion zur Einstimmung ins Thema:
Sie lesen im Börsenbericht, dass gestern die Kurse von Aktien weltweit gestiegen sind und Gespräche zwischen den USA und China wegen der Beilegung von Handelsstreitigkeiten wieder aufgenommen wurden.
Haben Sie aus diesen beiden Ereignissen intuitiv eine kausale Geschichte
konstruiert?
Was wäre, wenn die Kursentwicklung nicht auf die Gespräche zwischen den USA und China zurückgehen würden, sondern auf ein Steuersenkungsprogramm der
amerikanischen Regierung, das in dem Bericht nicht erwähnt wurde.
Hintergrund:
Menschen neigen dazu, automatisch nach Gründen zu suchen, um hervorstechende Ereignisse („steigende Börsenkurse“) zu erklären. Das Gehirn neigt dazu, kohärente kausale Geschichten zu konstruieren, welche die vorhandenen Wissenselemente schlüssig verknüpfen.
Kausalitätsillusion besteht, wenn andere Ursachen maßgeblich waren, über die wir nicht nachdenken.
Korrelationen sagen noch nichts über Kausalität aus.
Die Neigung, aus gegebenen Informationen kausale Zusammenhänge zu konstruieren, selbst wenn diese gar nicht existieren, kann uns zu Fehlentscheidungen verleiten. So können wir ggf. in den Aktienmarkt investieren, weil wir hoffen, dass Aktienkurse durch Lösung des Handelskonfliktes weiter steigen. Ein Fehlschluss, falls Kurssteigerungen auf andere Faktoren zurückgingen.
Wie relevant ist der Faktor für Sie? In welchen Situationen sehen Sie
Handlungsbedarf?
Wie können Sie Fehlurteile aufgrund der Kausalitätsillusion vermeiden?
- Hinterfragen Sie kausale Geschichten (z.B. Börsenberichte), die über Zusammenhänge spekulieren, um Ihr Bedürfnis nach Kohärenz (wir suchen Orientierung, wie Dinge zusammenhängen) zu bedienen. Widerstehen Sie der Neigung, sich mit plausiblen Geschichten zu früh zufrieden zu geben.
- Suchen Sie nach Belegen, überzeugenden Begründungen (z.B. in wissenschaftlichen Analysen) für die behaupteten Zusammenhänge.
Machen Sie sich ggf. vor Ort selbst ein Bild von den Zusammenhängen. - Trennen Sie strikt zwischen Korrelationen und der Klärung möglicher Ursachen, die dafür verantwortlich sind. Versuchen Sie die Richtigkeit Ihrer Hypothesen darüber, wie Ereignisse zu erklären sind, empirisch zu bestätigen oder zu falsifizieren.
© Prof.Dr.Merk
Kontakt: merk@t-pu.de