Respektvoll kommunizieren - Einführung
„Es ist viel wertvoller, stets den Respekt der Menschen als gelegentlich ihre Bewunderung zu haben“
(Jean Jacques Rousseau)
Öffentliche Debatten sind häufig durch ein negatives Kommunikationsklima geprägt. Mangelnder Respekt vor dem Meinungsgegner, Pauschalurteile, Verunglimpfungen, stereotype Abwertungen, Skandalisierungen, gegenseitige Populismusvorwürfe und Provokationen sind typische Erscheinungsformen.
Derart geprägte öffentliche Debatten tragen eher zu einer Polarisierung der öffentlichen Meinung bei als zu mehr Verständigung.
Wie könnte ein respektvoller Diskurs geführt werden, bei dem es nicht um Skandalisierung und Verunglimpfung anderer geht, sondern um einen von Wertschätzung getragenen Dialog, der konstruktiv zu mehr gegenseitigem Verständnis und neuen, gemeinsam getragenen Vorstellungen für die zukünftige Gestaltung unserer Gesellschaft führt?
Wie könnten öffentliche Diskussionen ablaufen, die sich nicht nur in Angriffs- und Rechtfertigungsorgien ergießen und von Rechthaberei und absoluten Wahrheitsansprüchen geprägt sind, sondern durch die Bereitschaft, auch die eigenen Argumente selbstkritisch in Frage zu stellen und offen zu sein für bessere Argumente anderer?
Wie erreichen wir einen ergebnisoffenen Dialog mit dem Ziel, neue Erkenntnisse in einem sachlich-konstruktiven Streitgespräch zu gewinnen, bei dem es um Wahrheit und nicht um die Durchsetzung von Meinungen und Machtinteressen geht?
Ich plädiere für eine Kommunikationskultur, bei der
- Populisten und Verschwörungstheoretiker keinen negativen Einfluss haben, bei der man auch Meinungsgegner nicht aufgrund einzelner Zuschreibungen pauschal diskriminiert, sondern diesen mit einem Mindestmaß an persönlicher Achtung begegnet, bei der Menschen auch Schwächen zeigen können, ohne dafür verurteilt zu werden.
- alle Parteien prinzipiell Gegenargumenten gegenüber aufgeschlossen sind, die Bereitschaft zum Dialog mit Meinungsgegnern besteht, weil der Diskurs zum Wesen der Demokratie gehört und jeder Beitrag geeignet sein könnte, mit neuen Argumenten die Perspektiven zu bereichern.
- die Chance auf mehr Verständnis und gemeinsame Lösungen besteht und damit destruktive Polarisierungen überwunden werden.
Welche Regeln fördern einen respektvollen Dialog, der zu sachlich besseren Ergebnissen führt und die Beziehungen zwischen den Teilnehmern zumindest nicht weiter belastet?
Welche destruktiven Kommunikationsformen (z.B. drastisch in Form von Hassreden bzw. hate speech) sollten auf jeden Fall vermieden werden, weil sie gute Ergebnisse (inhaltlich und hinsichtlich der Beziehungen zwischen den Teilnehmern) gefährden bis zerstören?
Ein respektvoller Umgang ist für eine demokratische Gesellschaft, die die Menschenwürde jedes Mitglieds als oberstes Gebot definiert, unverzichtbar. Die Bereitschaft, voneinander zu lernen, eigene Positionen bei besseren Gegenargumenten in Frage zu stellen und nicht ideologisch abzuschotten, gehört zu den Grundtugenden einer offenen, sich weiterentwickelnden Gesellschaft, wie sie von Popper in seinem grundlegenden Werk über die „offene Gesellschaft und ihre Feinde“ beeindruckend beschrieben wurde.
Menschen abwertende Sprachmuster (z.B. üble Nachrede, persönliche Beleidigungen) überschreiten die Grenzen der Meinungsfreiheit, wenn sie die Menschenwürde herabsetzen.
So verstößt es gegen die Menschenwürde, Menschen zu stigmatisieren, zu diskriminieren und auszugrenzen.
© Prof.Dr.Merk
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