Sachgerecht und fair Verhandeln: 3. Phase 1: Einführung in die Verhandlung

In Phase 1 stimmen Sie die Parteien auf den Ablauf der Verhandlung und die Regeln für die Zusammenarbeit ein.

Klären Sie vorab Rahmenbedingungen für die Veranstaltung

Prüfen bzw. klären Sie folgende Punkte:

  • eine angemessene Sitzordnung (i.d.R. U-Form/ Halbkreis)
  • Visualisierungsmöglichkeiten (z.B. Flipcharts und Stifte)
  • Getränke/ Essen
  • angenehme, störungsfreie Umgebung
  • Zeitplan der konkreten Sitzung, Pausen

Begrüßen Sie die Teilnehmer

Beispiel für eine Anmoderation                                                                                   

„Ich begrüße Sie zu unserer Veranstaltung und danke Ihnen für Ihr Kommen.

War die Anreise problemlos?

Sie haben ja bereits einige Vor-Informationen zu dieser Veranstaltung mit der Einladung erhalten. Bevor wir über unser eigentliches Thema sprechen, möchte ich mit Ihnen zunächst einige vorbereitende Punkte klären, die uns anschließend die Verhandlung erleichtern werden.“

Ablauf der Verhandlung (Phasen)

Präsentieren Sie die fünf Phasen auf einem Flipchart und klären Sie ggf. vorhandene offene Fragen zum Ablauf der Verhandlung.

Beispiel für die Anmoderation:
„Unser Verhandlungsprozess läuft in fünf Phasen ab:
o Die erste Phase, in der wir uns gerade befinden, dient dazu, Grundlagen für die Durchführung der Verhandlung zu vereinbaren.
o In der zweiten Phase erhält jede Partei zunächst Gelegenheit,
den Konflikt aus ihrer Sicht so zu schildern, dass alle Seiten die unterschiedlichen Sichtweisen verstehen.
o Die dritte Phase dient dazu, zusammen mit Ihnen die Konfliktursachen zu klären, speziell die Interessen der Parteien zu erkunden sowie das jeweilige Verständnis für die Sichtweise der Gegenseite zu vertiefen.
o Danach wird – in der vierten Phase – begonnen, nach konkreten Lösungen zu suchen.
o Den Abschluss bildet die fünfte Phase, in der konkrete, einvernehmliche Lösungen schriftlich fixiert und dann gegebenenfalls den jeweiligen Rechtsanwälten zur Prüfung vorgelegt werden.“

Lassen Sie die Teilnehmer sich kurz vorstellen und Erwartungen klären

Hinweis:
Notieren Sie nach den Aussagen zur Person die Erwartungen an die Verhandlung stichpunktartig z.B. auf einem Flipchart. Fragen Sie nach, wenn Ihnen Erwartungen unklar sind. Kommentieren Sie diese am Ende der Vorstellrunde danach, ob diese durch die Veranstaltung abgedeckt sind oder darüber hinaus gehen. Entkräften Sie ggf. Befürchtungen, die Ihres Erachtens nach unbegründet sind.

Beispiel für die Anmoderation:

„Wir sind in dieser Zusammensetzung zum ersten Mal hier
zusammengekommen.
Ich schlage vor, dass wir uns deshalb zunächst kurz vorstellen. Mein
Name ist…Mein persönlicher Hintergrund…
Wenn Sie sich jetzt kurz vorstellen und einige Sätze zu Ihren
Erwartungen an diese Veranstaltung sagen würden.“

Grundprinzip: Trennen Sie Verhandlungsgegenstand und Verhandlungsstil

Beispiel für die Anmoderation
„Vielen Dank für Ihre Kurzvorstellung und dass Sie sich hier
zusammengefunden haben für die Arbeit an der Lösung unseres
Problems.
Im Rahmen dieser Veranstaltung sollten alle Differenzen
angesprochen werden, die Sie zu unserem Thema beschäftigen.
Alle Seiten werden ausführlich angehört, so dass wir verstehen, wie
die verschiedenen Parteien den Fall einschätzen.
Unser Ziel ist es, unterschiedliche Standpunkte auszuloten. Nur auf
dieser Grundlage können wir mögliche kreative Lösungen finden.
Bei der Besprechung kann es immer wieder einmal zu emotionalen
Belastungen kommen. Das ist normal und wir werden nachher einige Regeln besprechen, die uns helfen, damit gut umzugehen.
Für den Erfolg unserer Veranstaltung ist entscheidend, dass wir die Probleme sachlich erörtern, ohne die menschlichen Beziehungen zu den anderen Parteien zu belasten.
Das Harvard-Konzept fordert in diesem Sinne als erstes
Grundprinzip: Trennen Sie Menschen von Problemen.
In Verhandlungen unterscheiden wir stets zwischen dem
Verhandlungsgenstand, der sachlich erörtert wird, und der
Beziehung zwischen den Parteien, die durch die Art der Verhandlung
nicht belastet werden darf.“

Merkmale guter Verhandlungsergebnisse

Beispiel für die Anmoderation:

„Bevor wir inhaltlich in die Diskussion unseres
Themas einsteigen, möchte ich einige Punkte kurz
in Erinnerung rufen bzw. weitere Punkte
vereinbaren, die für den Verlauf der Sitzung
hilfreich sind.
Dazu gehört auch die Frage, was gute
Verhandlungsergebnisse auszeichnet.
Gute Verhandlungsergebnisse
➢ verlaufen sachlich, d.h. belasten die
Beziehungen zwischen den
Verhandlungspartnern nicht 
➢ berücksichtigen die Interessen aller
Parteien. Sie sind interessengerecht.
➢ sind umsetzbar (klar, vollständig,
realisierbar)
➢ sind kreativ (finden bestmögliche
Verhandlungsergebnisse heraus) und
➢ fair (sind nachhaltige,
vertrauensbildende Vereinbarungen).“

Regeln für die Zusammenarbeit

Beispiel für die Anmoderation:

„Um gute Verhandlungsergebnisse zu erreichen, sind einige wesentliche Regeln zu beachten:
Ergebnisoffenheit. Ergebnisoffenheit bedeutet, dass Sie bereit sind,
Lösungen zu finden, die sich nicht nur an ihren persönlichen Interessen,
d.h. den Interessen einer Partei orientieren, sondern die Interessen und dazu passende Lösungen aller Parteien zu berücksichtigen, d.h. auch die berechtigten Interessen der anderen Parteien gelten zu lassen.
Das setzt die Bereitschaft voraus, vorgefasste Meinungen in einer
kritischen Diskussion zu überprüfen und ggf. zu relativieren, wenn bessere Lösungen den gemeinsamen Interessen eher gerecht werden.
Darüber hinaus ist es sinnvoll, Gesprächsregeln zu vereinbaren.
Was benötigen wir, damit wir hier sinnvoll miteinander diskutieren
können?
Ausreden lassen. Es fällt manchmal schwer, andere ausreden zu lassen. Sie möchten ggf. direkt Stellung nehmen zu Aussagen, die Sie nicht teilen. Fallen Sie anderen nicht ins Wort. Sie haben deshalb Stifte und Papier ausliegen, um sich Notizen machen zu können, damit Sie keine wichtigen Gedanken vergessen. Sie kommen in jedem Fall später zu Wort.
Respektvoller Umgang. Wenn unsachliche Kritik den Ablauf gefährdet, sollten wir unterbrechen.                                                                                                      Verständnis überprüfen. Konflikte werden durch Missverständnisse befeuert. Deshalb ist es wichtig, diese möglichst zu vermeiden bzw. Missverständnisse aufzulösen.
Durch aktives Zuhören können wir unser Verständnis überprüfen.
Aktives Zuhören bedeutet, dass wir erst dann auf Aussagen unserer
Gesprächspartner reagieren, wenn wir uns vergewissert haben, dass wir diese tatsächlich richtig verstanden haben.“

 

„Ziel der Verhandlung ist damit nicht die Suche nach Schuldigen,
sondern vielmehr kreative Lösungen für die Zukunft herauszufinden,
die in der bisherigen Auseinandersetzung nicht gesehen wurden und den Interessen aller Parteien besser gerecht werden, sogenannte Win-Win-Lösungen.
Wir werden nur dann in der Lage sein, zu erkennen, ob Win-Win-
Lösungen möglich sind, wenn wir vorher verstanden haben, was den Konflikt aus Sicht der Parteien bestimmt hat.
Wir werden uns deshalb hier in die Lage der jeweils anderen Parteien hineinversetzen.
Wir werden aufmerksam zuhören und Rückmeldungen geben, was wir verstanden haben, bis alle Parteien überzeugt sind, dass ihre Anliegen, Motive und Sichtweisen von der jeweils anderen Seite verstanden wurden.
Verständnis und fairer Umgang sind Voraussetzung dafür, gemeinsam offen über bestmögliche Lösungen nachzudenken. Wir werden die Probleme diskutieren und dabei respektvoll miteinander umgehen.“ 

Besprechen Sie ggf. die Rolle von Experten


Beratungsanwälte und anderen Fachleute können entweder anwesend sein oder im Hintergrund die Parteien unterstützen.

Beispiel für die Anmoderation:

„Anwälte können die Parteien über gesetzliche Regelungen sowie über mögliche rechtliche Konsequenzen aufklären und Sie in der Freiheit unterstützen, eigene kreative Lösungen zu finden, die eventuell von den Entscheidungen abweichen, die ein Gericht getroffen hätte. Wir werden später noch darüber sprechen, ob und ggf. inwieweit Experten eingebunden werden sollen.“

Klären noch vorhandener offener Fragen

Beispiel für die Anmoderation:

„Haben Sie noch Fragen?“
„Sind weitere Punkte vorab zu klären?“
„Können wir die Veranstaltung in der besprochenen Weise fortsetzen?“ (Feedback einholen)
„Können wir mit der inhaltlichen Arbeit an Ihrem Konflikt beginnen?“

Zu Teil 4: Phase 2: Differenzen klären

© Prof.Dr.Merk

 Quelle:

Kontakt: merk@t-pu.de