Nachhaltige Transformation durch mündige Bürger

Die Bundesregierung zielt auf eine nachhaltig Transformation der Gesellschaft, die auch zukünftigen Generationen noch Entscheidungsspielräume lässt. Transformation setzt  die Integration der Menschen mit ihren unterschiedlichen Perspektiven voraus. Unsere repräsentative Demokratie muss durch direkte Beteiligung von Bürgern ergänzt werden, die dezentral Probleme gemeinsam lösen, voneinander lernen und nachhaltige Perspektiven für eine bessere Gesellschaft entwickeln und realisieren. Lokale Initiativen stärken die Demokratie und fördern die Bereitschaft, sich in Veränderungsprozesse persönlich einzubringen.

Unsere aufgeklärte, demokratische Gesellschaft fordert den mündigen Bürger, der an der gesellschaftlichen Entwicklung kompetent und eigenverantwortlich teilnimmt.

Mündige Bürger sollten in der Lage sein

a. zukunftsorientiert zu denken und zu handeln, d.h.

....die Fähigkeit besitzen, Chancen und Risiken, die mit der gesellschaftlichen und persönlichen Entwicklung verbunden sind, frühzeitig zu erkennen und proaktiv ihr Kreativitätspotential einzubringen, um Probleme zu lösen, Chancen zu nutzen und Fehlentwicklungen zu vermeiden

....sich globale Herausforderungen (z.B. Klimawandel, soziale Ungleichheiten, technologische Trends) und persönliche Einflussmöglichkeiten bewusst zu machen, neue Einsichten zu gewinnen und kritisch zu reflektieren

....integrativ nicht nur Wissen zu erwerben, sondern dieses auch zielorientiert in die Praxis umzusetzen (Entscheidungs- und Handlungskompetenz mit dem Ziel nachhaltiger Veränderungen)

b. mitzudenken, Mitverantwortung zu übernehmen und durch lebensbegleitendes Lernen die notwendigen Qualifikatio­nen zu erwerben, um 

....an gesellschaftlichen Entscheidungen qualifiziert mitzuwirken

....bereit und fähig zu sein, ihr Leben in allen Bereichen (z.B. Beruf, Partnerschaft, Kindererziehung, Mitwirkung in der Gesellschaft) eigenverantwortlich zu gestalten

....ein Werteverständnis zu entwickeln, das ihrem Leben Sinn gibt

....mit Informationen kritisch umzugehen

 c. Beziehungen konstruktiv zu gestalten, d.h. z.B.

....Konflikte sachlich zu lösen

....respektvoll zu kommunizieren

....Verhandlungen fair zu führen

Transferorientierte Bildungsmaßnahmen sollten flankierend Bürger befähigen, die Voraussetzungen für eine qualifizierte Mitwirkung an Veränderungsprojekten zu schaffen.

Transformationsprojekte werden vor allem dann nicht in der Praxis wie geplant wirksam, wenn die Teilnehmer

  • nicht vom Nutzen der angestrebten Ziele überzeugt sind (Motivationsproblem)
  • nicht in der Lage sind, eine genaue Vorstellung zu entwickeln, wie neue Ziele und Inhalte konkret in ihrem Kontext (ihrer Alltagspraxis) kreativ umgesetzt und zu besseren Ergebnissen führen werden, d.h. konkrete individuell angepasste Umsetzungskonzepte für die eigenen Lebenssituation nicht existieren (Explorationsproblem)
  • zwar davon überzeugt sind, dass neue Lösungswege sinnvoll wären, aber diese aus persönlichen Gründen (z.B. Überforderung in Drucksituationen) oder aufgrund mangelnder Rahmenbedingungen (z.B. fehlender zeitlicher und finanzieller Ressourcen, anderer Prioritäten) nicht für praktikabel halten (Realisierungsproblem)
  • Projektergebnisse nicht nachhaltig anwenden (Kontinuierliche Anpassung an  veränderte Rahmenbedingungen und Sicherstellung als vertraute Routinen nicht gewährleistet sind).

Wirksame Transformationsprogramme müssen demzufolge

  • bei den Beteiligten die Überzeugung fördern, dass die neuen Ziele im Unterschied zu den bisherigen Lebensmodellen wesentliche Vorteile bieten. Sie setzen damit bei jedem Beteiligten eine bewusste Konfrontation der traditionellen Verhaltensweisen mit den neuen Zielen voraus. Menschen werden nur dann bereit sein, sich für neue Inhalte zu öffnen, wenn Sie für sich die Vorteile gegenüber ihren bisherigen, häufig durch Erfahrung gewonnenen traditionellen Theorien bzw. Vorgehensweisen erkennen. Dieses Bewusstsein kann am ehesten durch direkte Beteiligung bei der Lösung von Herausforderungen gelingen, die die Bürger lokal unmittelbar betreffen, nicht durch die Vermittlung abstrakter allgemeiner politischer Zielsetzungen. Transformationsprojekte müssen damit
  • einen Bezug zur individuellen Lebenssituation herstellen. Die Beteiligten müssen sich die Überzeugung aktiv erarbeiten, dass die erarbeiteten Ziele in ihren Alltag transformierbar sind, d.h. eine präzise Vorstellung entwickeln, wie das Gelernte konkret in ihrer Alltagssituation kreativ umgesetzt, ggf. weiterentwickelt und angepasst werden muss, um zu besseren Ergebnissen zu führen.  
  • mit flankierenden Maßnahmen unterstützend den Transfer begleiten. Dazu können Zielvereinbarungen, die z.B. Vereinbarungen zu Prioritäten, zeitlichen und finanziellen Ressourcen umfassen, Bildungsmaßnahmen sowie Projektreviews beitragen, die die Umsetzung kritisch reflektieren.

Prof. Dr. Hans-Joachim Merk

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