Verlustaversion - Fehlurteile vermeiden

 

Kernthese: Fehlurteile können entstehen, wenn Menschen in Entscheidungssituationen irrational handeln, weil sie stärker motiviert sind Verluste zu vermeiden als Gewinne zu realisieren.

Der Nobelpreisträger Daniel Kahneman hat in seinem Weltbestseller "Schnelles Denken, langsames Denken" verschiedene Effekte erörtert, die unsere Urteils- und Entscheidungsfähigkeit negativ beeinflussen können.

Dazu gehört die sog. Verlustaversion.

Selbstreflektion:
Sie erhalten von Ihrem Arbeitgeber das Angebot, eine erhebliche variable Zusatzvergütung zu erhalten, wenn sie dafür auf einen geringen Prozentsatz ihres Fixgehalts verzichten. Wie wägen Sie Chancen und Risiken des Angebotes ab?

Hintergrund:
Das menschliche Gehirn reagiert auf Bedrohungen schneller als auf Chancen. Evolutionär ist dies aus Gründen der Selbsterhaltung verständlich (Flucht vor dem plötzlich auftauchenden Tiger im Gebüsch).
Auch verbal wird Kritik an der Person intensiver verarbeitet als Lob. Die „Negativitätsdominanz“ zeigt sich auch darin, dass Führungskräfte oft lange brauchen, um eine Kultur der Offenheit und des Vertrauens aufzubauen, diese jedoch mit einer aggressiven Maßnahme in kürzester Zeit wieder zerstört werden kann. Menschen sind demzufolge stärker motiviert, Verluste zu vermeiden, als Gewinne zu realisieren. Sie handeln in Entscheidungssituationen irrational, wenn Unsicherheiten eine Rolle spielen.
Dies zeigt sich z.B. in Veränderungsprojekten, bei denen Besitzstände gefährdet sind, die zu erheblichen Widerständen führen und deshalb mit Besitzstandsklauseln abgesichert werden oder bei der Einführung eines neuen Vergütungssystems, bei dem Mitarbeiter die Chance auf eine erhebliche variable Zusatzvergütung ablehnen, auch wenn sie dafür nur auf einen geringen Prozentsatz ihres Fixgehalts verzichten müssten. So halten Aktienbesitzer, die sich in der Verlustzone befinden, häufig Ihre Papiere weiter, auch wenn die Zukunftsaussichten für weiter fallende Kurse sprechen, um das Eingeständnis von Verlusten und die damit verbundene Fehleinschätzung zu vermeiden. Es gibt bei Aktienbesitzern eine eindeutige Präferenz, Gewinner zu verkaufen (und einen Erfolg in Ihrer Bilanz als Anleger zu verbuchen) und Verlierer zu halten. Die psychologische Bewertung der Alternativen spielt in diesen Fällen für die Entscheidung eine größere Rolle als die Bewertung der Wahrscheinlichkeit zukünftiger Kursverluste bzw. -gewinne, wofür sich ein rationaler Entscheider interessieren müsste.

Individueller Transfer
Wie relevant ist der Faktor für Sie? Kennen Sie Fehlurteile, die auf Verlustaversion zurückgehen? In welchen Situationen sehen Sie Handlungsbedarf?

Wie können Sie Fehlurteile aufgrund dieses Denkfehlers vermeiden?

  • Vermeiden Sie soweit wie möglich Nullsummen-Spiele bei denen Ihr höherer Gewinn in gleichem Umfang zu Verlusten auf der Gegenseite führt.
  • Sorgen Sie möglichst für Win-win-Situationen. Bei einem insgesamt wachsenden Kuchen, lassen sich Zugeständnisse (kleinere Gewinne als bei der Gegenpartei) leichter akzeptieren als Verluste bei einem „gleichbleibenden oder schrumpfenden Kuchen“.

© Prof.Dr.Merk

Quelle

Kontakt: merk@t-pu.de